Was ist LGBTIQ* ?

Sensibilisierungsworkshop zu Diversität und sexueller Vielfalt

Man geht davon aus, dass ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung zur so genannten LGBTIQ*-Community gehört. Es ist der Landjugend Rheinland-Nassau ein wichtiges Anliegen, ein offenes, tolerantes Klima zu schaffen, in dem sich alle willkommen und akzeptiert fühlen.

Am 10. März veranstaltete die Landjugend Rheinland-Nassau einen Online-Workshop, der sich mit der Vielfalt geschlechtlicher Identitäten und sexueller Orientierungen befasste. Referent Benedikt Linke ist Beisitzer im Landesvorstand der Hessischen Landjugend und engagiert sich in der queeren Jugendarbeit seines Verbandes. In seinem fast dreistündigen Workshop legte er den Fokus auf einen kurzen Übersichtsvortrag, vor allem jedoch auf die Vermittlung von Empathie und Verständnis für die Lebenswelten junger queerer Menschen.

Der eingehende Vortrag ging zunächst auf die wichtigsten Begrifflichkeiten ein. LGBTQI* ist eine Abkürzung für Lesbian, Gay, Bi, Trans, Queer und Intersex. Auf Deutsch steht das also für lesbisch, schwul, bisexuell, trans, queer und inter. Das Sternchen umfasst dann noch diejenigen, die sich nicht zu den bereits genannten Gruppen zählen können oder möchten.

Diese Begriffe sind alles Beschreibungen für sexuelle Orientierungen und Formen von geschlechtlichen Identitäten.

Mehr als zwei Geschlechter

Der Begriff biologisches Geschlecht bezieht sich auf angeborene körperliche Merkmale, wie Genitalien oder Brüste, aber auch Chromosomen und der Hormonhaushalt eines Menschen. Diese Merkmale werden miteinbezogen, wenn bei einem Baby das biologische Geschlecht bestimmt wird. In seltenen Fällen werden Kinder auch mit Merkmalen beider Geschlechter geboren. In dem Falle legen meist die Eltern das Geschlecht fest, das in die Geburtsurkunde des Kindes eingetragen wird. Teilweise werden auch chirurgisch Merkmale eines Geschlechts entfernt. Seit ein paar Jahren ist es möglich, das Geschlecht in der Geburtsurkunde freizulassen oder „divers“ einzutragen.

Das soziale Geschlecht (englisch: Gender), hat viel mit Rollenbildern zu tun. Also der Vorstellung oder den Erwartungen, die andere oder auch die Gesellschaft allgemein basierend auf dem Geschlecht an eine Person herantragen. Wird ein Mensch beispielsweise als Frau wahrgenommen – z.B. wegen dem Körperbau, einer hoher Stimme, langen Haaren und der Art, sich zu kleiden – werden bestimmte Verhaltensweisen erwartet. Genauso ist es, wenn eine Person als Mann wahrgenommen wird. Zu einem gewissen Grade sind diese Vorstellungen natürlich Stereotype wie „Der Mann kennt sich besser mit Technik aus“ oder „Frauen können besser mit Kindern umgehen“. Das wahrgenommene Geschlecht einer Person hat jedenfalls Einfluss darauf, wie andere auf die Person reagieren und wie mit ihr umgegangen wird.

Geschlechtsidentität beschreibt dann, wie man sein eigenes Geschlecht sieht. Die eigene Geschlechtszuschreibung kann vom biologischen Geschlecht oder damit verbundenen Rollenbildern abweichen. Bei den meisten Menschen stimmen Geschlechtsidentität und biologisches und soziales Geschlecht überein.  Dafür steht der Begriff Cis-Mann oder Cis-Frau. Das mag vielen als neumodisch erscheinen, der Begriff „zissexuell“ wurde jedoch schon Anfang der 90er als Gegenstück zu „transsexuell“ geprägt. Bei einigen Menschen, gibt es diese Übereinstimmung zwischen angeborenem und selbst wahrgenommenem Geschlecht nicht, was oft mit hohem Leidensdruck einhergeht, den Nicht-Betroffene nur schwer nachvollziehen können.

Die sexuelle Orientierung dagegen ist komplett unabhängig von der Geschlechtsidentität und umfasst, mit welchen Personen ein Mensch romantische und sexuelle Beziehungen führen möchte. Die meisten Menschen sind heterosexuell und fühlen sich vom jeweils anderen Geschlecht angezogen. Homosexuelle Menschen bevorzugen das eigene Geschlecht, Bisexuelle finden beide Geschlechter attraktiv. In der Regel fühlen sich die meisten Menschen auch romantisch zu dem Geschlecht hingezogen, dass sie sexuell anspricht, doch auch das muss nicht zwingend der Fall sein. Hier wurde schnell deutlich, wie vielfältig Geschlechtsidentitäten, sexuelle Orientierungen und die daraus resultierenden möglichen Kombinationen von Beziehungen tatsächlich sind.

Der noch bedeutsamere Teil des Workshops folgte nach dieser theoretischen Einführung. Verschiedene Übungen und Rollenspiele versetzten die Teilnehmer in die Position eines jungen Menschen aus der LGBTQI*-Community und machten deutlich, welche Herausforderungen sich aus der Erkenntnis ergeben „Ich bin anders als die anderen“. In einer Übung übernahmen die Teilnehmer jeweils eine Rolle, z.B. die eines homosexuellen Jugendlichen oder eines jungen Transgender-Menschen. Dann wurden verschiedene Szenarien durchgespielt: Bspw. „Kann ich mit meinem Partner in der Öffentlichkeit zärtlich sein“ oder „Kann ich mit meinen Eltern über meine Gefühle sprechen“. Diese wurden jeweils mit „ja“ oder „nein“ beantwortet und am Ende aufsummiert. Hier wurde vielen klar, dass sie alle 18 Szenarien normalerweise problemlos und ohne Sorge mit „ja“ beantworten könnten. In ihrer neuen Rolle sah es jedoch ganz anders aus. Es war klar zu erkennen, dass Menschen der LGBTQI*-Community tagtäglich mit Herausforderungen und auch Diskriminierungen zu tun haben. Benedikt Linke betonte hier auch, dass das Coming Out (öffentliches Bekanntmachen der eigenen Orientierung/Identität) kein einmaliges Ereignis ist. Man offenbart sich nicht eines Tages seinen Eltern und das war es dann. Letztlich haben Betroffene jedes Mal ein Coming Out, wenn sie neuen Menschen erklären müssen, dass sie eben nicht heterosexuelle  Cis-Männer oder –Frauen sind. Die Ungewissheit und vielleicht auch Angst, wie das Gegenüber reagieren wird, schwingt jedes Mal mit.

Dieses Gefühl nachzuvollziehen und verstehen zu können, war vorrangiges Ziel des Sensibilisierungsworkshops und wurde definitiv erreicht. Der Workshop war hierfür ein erster, ganz sicher jedoch nicht der letzte Schritt.