Neue Eindrücke in Thüringen und Sachsen-Anhalt gesammelt
Alle zwei Jahre findet der Berufswettbewerb der Deutschen Landjugend statt. Traditionell lädt die Landjugend die Sieger des Landes Rheinland-Pfalz zu einer Lehrfahrt mit agrarischen und weinbaulichen Schwerpunkten ein, ohne dabei regionale Kultur außen vor zu lassen. Dieses Jahr fuhren insgesamt 21 Landessieger nach Ostdeutschland und fuhren verschiedene Ziele in Thüringen und Sachsen-Anhalt an.
Los ging die Fahrt am 07.11. in Bad Kreuznach. Von hier aus ging es zum Baumkronenpfad Hainich in Schönstedt. Dieser ist der zweitlängste und höchste Baumkronenpfad in Deutschland und schlängelt sich durch einen Urwald, das heißt ein komplett unberührter Wald, in dessen Ökosystem nicht eingegriffen wird und der eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten beherbergt. Bei einer Führung erfuhren die Besucher alles über Vögel, Fledermäuse und Wildkatzen, die den Wald ihr zu Hause nennen. Zentrales Element des Pfades ist ein Aussichtsturm, dessen Fundament 100m in den Grund gebaut wurde. Dieser bietet einen fantastischen Ausblick über das gesamte Waldgebiet und dessen Umgebung.
Anschließend ging die Fahrt weiter nach Jena. Dort besuchte die Gruppe das Zeiss Planetarium. Dieses ist weltweit das betriebsälteste Planetarium und wurde 1926 eröffnet. Herzstück ist der Sternenprojektor, der das aktuell zu sehende Firmament realistisch abbilden kann. Das Planetarium verfügt jedoch auch über ein modernes Video- und Audiosystem, das bei der vorgeführten Musikshow „Star Rock Universe“ zum Einsatz kam. 3D-Animationen gepaart mit klassischer Rockmusik bildeten eine beeindruckende Show. Der Zuschauer blickt zurückgelehnt in die Kuppel, so dass das Video das gesamte Sichtfeld füllt und den Betrachter regelrecht in die Fantasiewelt des Filmes zieht.
Der zweite Tag begann mit dem Besuch des Landesweinguts Kloster Pforta in Naumburg. Dieses bewirtschaftet ca. 50 Hektar Rebfläche im den
meisten recht unbekannten Anbaugebiet Saale-Unstrut. Es stellt daher eines der nördlichst gelegenen Weingüter dar, das Qualitätsweine herstellt. Dies spiegelt sich auch im Namen „Breitengrad51“ wieder, der die Etiketten der besten Weine des Hauses ziert. Weinbauleiterin Franziska Zobel und Kellermeister Olaf Stintzing führten durch Keller und Weinberg und erläuterten die Besonderheiten der Anbauregion. Eine Weinprobe ließ den spezifischen Charakter der verschiedenen Reben und des speziellen Klimas der Region erschmecken.
Ebenfalls in Naumburg lag das nächste Reiseziel, der Naumburger Dom, eines der bedeutendsten Bauwerke der Spätromanik und UNESCO-Weltkulturerbe. Bei einer Führung wurden die Kryta, der Kreuzgang und andere Bereiche des Domes gezeigt. Eine Besonderheit des Naumburger Domes sind die zwei Chorbereiche im Kirchenschiff. In der Erklärung der Geschichte des Domes und der Region ging die Tourführerin auch insbesondere auf Uta von Ballenstedt ein, die Mitstifterin des Domes war und als „die schönste Frau des Mittelalters“ gilt, was später leider auch von den Nationalsozialisten aufgegriffen und als Idealbild der deutschen Frau propagiert wurde. Streng genommen mag Ita von Ballenstedt keine große Rolle in der deutschen Geschichte gespielt haben, doch herrscht bis heute ein kleiner Personenkult um sie und es treffen sich regelmäßig hunderte Frauen mit dem Vornamen „Uta“ in Naumburg.
Drittes und letztes Ziel des zweiten Tages war dann die Rotkäppchen Sektkellerei in Freyburg. Die traditionsreiche Sektmarke Rotkäppchen wird hier bereits seit 1894. Der Name hat dabei tatsächlich nichts mit dem gleichnamigen Märchen zu tun, sondern bezieht sich tatsächlich einfach nur auf die rote Verschlusskappe der Flaschen. Rotkäppchen Sekt war die bekannteste Sektmarke in der DDR und konnte sich nach der Wende in ganz Deutschland etablieren, so dass heute ein Marktanteil von fast 40% erreicht wird. Die Besucher wurden durch die moderne Produktionsanlage geführt, in der jährlich über 90 Millionen Liter Sekt hergestellt werden können. Die Weine bezieht die Sektkellerei aus ganz Europa, je nach Angebot und Qualität. Aus diesen werden Cuvees und anschließend die verschiedenen Sektsorten hergestellt. Die Flaschen werden weitestgehend automatisiert abgefüllt, etikettiert, in Kartons gefüllt und auf Paletten geladen, die dann nur noch abtransportiert werden müssen. Die Führung durch den historischen Weinkeller mit alten Werkzeugen und Maschinen machte deutlich, welche großen Modernisierungsschritte die Firma im Laufe ihrer Geschichte durchgemacht hat.
Der dritte Tag sah vor der Heimreise noch zwei Besuche in landwirtschaftlichen Betrieben vor. Der erste war die Pahren Agrar Kooperation in Pahren. Hier empfing Rene Kolbe die Gruppe. Herr Kolbe wurde 2018 beim CERES-Award zum Landwirt des Jahres im Bereich Ackerbau gekürt und ist für die Leitung der Agrar Kooperation zuständig.
Diese ist ein Verbund verschiedener Marktfrucht- und Veredelungsbetriebe sowie Energieproduzenten, die gemeinsam ca. 2500 Hektar Fläche bewirtschaften, aber auch 900 Milchkühe halten. Durch die Produktion von Biogas ist jedoch auch die Erzeugung von Strom und Wärme ein großer Sektor. Ein Schwerpunkt der Führung lag jedoch in der Hanfproduktion. Die Hanfpflanze ist landwirtschaftlich interessant, da sie ohne Pflanzenschutz auskommt und komplett genutzt werden kann für die Herstellung verschiedenster Produkte. Die Samen der Pflanze werden bspw. bei der Herstellung einiger Lebensmittel verwendet, doch auch aus den Fasern lassen sich Naturfaserverbundstoffe herstellen und die Schäben eignen sich sehr gut als Tiereinstreu. Mittels einer Hanfaufschluss-Anlage können die Pflanzen in diese einzelnen Bestandteile zerlegt werden. Vereinzelte Produkte aus Hanf können direkt vor Ort auch gekauft werden.
Letzte Station war die Agrofarm Knau eG in Knau. Dieses landwirtschaftliche Unternehmen macht sein Geschäft vor allem in der Direktvermarktung. Produkte aus Feld- und Viehwirtschaft werden direkt in hauseigener Bäckerei, Metzgerei und Gastwirtschaft, aber auch mehreren Filialen in der Region vertrieben und so die gesamte Produktionskette bis zum Verkauf durchlaufen. Schulen und Kindergärten der Umgebung werden ebenfalls mit Speisen beliefert. Zudem wurde eine historische Wassermühle restauriert und bietet seitdem eine Ferienwohnung und Gästezimmer. Die Angestellten der Agrofarm eG inszenieren darüber hinaus vier Mal im Jahr ein Bauerntheater.
Um dieses breite Angebotsspektrum abdecken zu können, bewirtschaftet die eG ebenfalls über 2000 Hektar Fläche und hält Schweine und Rinder, deren Futter ausschließlich aus eigenem Anbau stammt.
Die Größenverhältnisse der beiden Ostdeutschen Betriebe und deren breites Spektrum an Angeboten und Standbeinen beeindruckte die jungen Landwirte unter den Mitreisenden besonders. Der entsprechend große Maschinenfuhrpark der Agrofarm eG war für die jungen Technikbegeisterten im ersten Moment überwältigend.
Mit den gesammelten Eindrücken und sicherlich auch vielen Anregungen für die eigene Arbeit, reiste die Gruppe im Anschluss wieder zurück Richtung Heimat.